Sankt Nikolaus war ein ein Menschenrechtsaktivist. – So hat man Heiligen nicht im Blick. Im Gegenteil: Der Blick ist verstellt durch den Kitsch und Kommerz, der rund um Nikolaus veranstaltet wird, durch die Vermischung der Kunstfigur Weihnachtsmann und der historischen Person. Nikolaus ging nämlich dazwischen, als Menschen zu Unrecht im Gefängnis saßen. Er tat Gutes, er schwieg nicht. Er fürchtete sich nicht und sprach seinen Mitmenschen Mut zu: „Fürchtet euch nicht!“ – “Das ist ein Menschenrechtssatz”, sagt Pfarrer Christian Casdorff. Nikolaus war „ein Furchtwegnehmen, damit das Volk gewinnt“.
Nikolaus und die Menschenrechte – eine Verbindung, auf die man nicht sofort kommt. Eine Verbindung, die Pfarrer Casdorff am Samstagvormittag aber so eindrucksvoll und überzeugend herstellte, dass sie sich geradezu aufdrängte. Und Nikolaus hätte sicher mitgemacht beim Briefmarathon. Er hätte Briefe unterschrieben an Regierungen, „die Böses tun mit guten Menschen“.
Mit Menschen wie Maryia Kalesnikava, der Musikerin aus Belarus. Sie hat sich für Demokratie in ihrer Heimat engagiert, sie ist auf die Straße gegangen und hat friedlich demonstriert. Jetzt sitzt sie in Lagerhaft Elf Jahre, lautet das Urteil. Ein Willkürurteil.
Maryia Kalesnikava gehört zu den Opfern von Menschenrechtsverletzungen, für die sich Amnesty International (AI) beim Briefmarathon 2024 engagiert. Genauso wie für den jungen Ägypter Oqba Hashad, der seit Mai 2019 in Untersuchungshaft gehalten wird. Seine Inhaftierung ist ganz offenbar nur eine Vergeltungsmaßnahme für den Aktivismus seines Bruders. Der hatte sich für Menschenrechte in Ägypten eingesetzt und musste das Land verlassen.
An den Adventssamstagen ist die „Hörzeit“ in der Petrikirche ein „Pflichttermin“ für viele Soesterinnen und Soester und Gäste, die den Weihnachtsmarkt besuchen.. Auch am dritten Advent waren die Bänke voll besetzt. Seit Jahren steht die „Hörzeit“ rund um den Tag der Menschenrechte am 10. Dezember im Zeichen des Briefmarathons. Die Kantorei an St. Petri unter der Leitung von Annette Elisabeth Arnsmeier und die 4. und 7. Klasse der Soester Waldorfschule unter der Leitung von Marjan Sonnenberg hatten diesmal die musikalische Gestaltung der besinnlichen Auszeit im Einkaufstrubel übernommen. Pfarrer Casdorff stellte Erich Kästners Sicht auf den Heiligen Nikolaus und dessen Verbindung zum Engagement für die Menschenrechte in den Mittelpunkt. – Mit großen Erfolg. Denn fast 200 Appellbriefe lagen am Ende im Amnesty-Briefkasten und werden jetzt an die Verantwortlichen in Belarus und Ägypten geschickt.
Für unsere Gruppe ist die „Hörzeit“ zu den Menschenrechten immer ein ganz besonderes Ereignis. „Wir danken der Petri-Pauli-Gemeinde sehr für ihr Engagement und freuen uns, dass der Briefmarathon wieder eine so große Resonanz hatte“, zieht Gruppensprecher Reinhard Langer Bilanz. (M.H.)