Aleksandra Skochilenko drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis. Ihr „Verbrechen“: Die junge Frau hat in einem Supermarkt in St. Petersburg Preisschilder durch kleine Papieretiketten ersetzt. Auf diese Etiketten hat sie Fakten über die russische Invasion in der Ukraine geschrieben. Für diesen kreativen Protest gegen den Krieg und die Desinformation sitzt die junge Frau nun im Gefängnis.
Aleksandra wurde am 11. April dieses Jahres festgenommen. Der Vorwurf: „Verbreitung wissentlich falscher Informationen über die russischen Streitkräfte“. Dieser Tatbestand wurde im März 2022 erst neu ins russische Strafgesetzbuch aufgenommen, um Kritik am Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterbinden.
Die junge Frau ist in der russischen Kunstszene als Songwriterin und Comic-Autorin bekannt. Sie leidet an einer Autoimmunerkrankung. In der Haft bekommt sie aber weder die erforderliche Ernährung, noch medizinische Versorgung. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich deshalb ständig. Zudem ist sie Opfer von Schikane, Belästigungen und Einschüchterung.
Aleksandra Skochilenko gehört zu den Aktivistinnen und Aktivisten, für die sich amnesty international beim Briefmarathon 2022 einsetzt. Menschen in mehr als 170 Ländern beteiligen sich jedes Jahr an dieser Aktion. Dabei geht es darum, rund um den 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, so viele Briefe, E-Mails und Tweets wie möglich zu schreiben.
So unterstützen die Teilnehmenden Menschen, die nur deshalb schikaniert, bedroht oder inhaftiert werden, weil sie sich für die Menschenrechte eingesetzt haben – für Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Demokratie, Gleichberechtigung oder gegen sexuelle Diskriminierung. Mit den Petitionen üben sie Druck auf die Regierung und andere Verantwortliche aus und sie zeigen Solidarität mit den Betroffenen und ihren Angehörigen. Dieser Druck bewirkt, dass Inhaftierte freigelassen und Menschen, die wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte bedroht werden, besser geschützt sind, weil ihr Fall nun öffentlich ist.
Unsere Gruppe beteiligt sich jedes Jahr mit verschiedenen Aktionen am Briefmarathon. Die „Hörzeit“ in der Petrikirche, diesmal am Samstag, 10. Dezember um 11 Uhr, gehört dabei zum festen Programm.
Doch bringt der Einsatz überhaupt etwas? „Ja“, sagt Reinhard Langer, Sprecher der Soester ai-Gruppe und nennt ein Beispiel: Der Gewerkschafter und Menschenrechtsverteidiger Bernardo Caal Xol saß im Gefängnis, weil er sich für die Rechte von Indigenen in seinem Heimatland Guatemala engagiert hatte. Er war zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Beim Briefmarathon 2021 setzten sich Hunderttausende für ihn ein. Bernardo Caal Xol kam im März 2022 frei. „Der Fall zeigt, dass der Briefmarathon wirkt, dass sich der Einsatz lohnt“, ist Reinhard Langer überzeugt.
Bernardo Caal Xol sagte nach seiner Freilassung: „Im Gefängnis war ich vier Jahre und zwei Monate lang Folter ausgesetzt. Vier Jahre und zwei Monate des Schmerzes, der Sorge und der Unsicherheit. Doch ihr, Amnesty International, gabt mir Hoffnung auf Freiheit. Und nun bin ich frei. Ich danke euch allen!“
Für den Briefmarathon hat die Soester Gruppe diesmal Fälle aus Iran, Russland, Bangladesch, Kuba, Kamerun, Hongkong und Simbabwe ausgewählt.
„In den vergangenen Jahren haben uns viele Soesterinnen und Soester mit ihrer Unterschrift unterstützt. Wir wünschen uns, dass auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Menschen ein Zeichen für die Menschenrechte setzen und sich an der Aktion beteiligen“, lädt Reinhard Langer zum Mitmachen ein.
Für das erste Briefmarathon-Wochenende können wir ein positives Fazit ziehen. Bei den Aktionen im “Lebensgarten” und in der Paktrokli-Gemeinde kamen 116 unterschriebene Appellbriefe zu ausgewählten Fällen zusammen. Schöner “Nebeneffekt”: In vielen Gesprächen diskutierten wir mit den Besucherinnen und Besuchern am Stand über die einzelnen Fälle, die Menschenrehchtslage allgemein und die Arbeit unserer Organisation. Beim “Lebensgarten” und der St.-Patrokli-Gemeinde bedanken wir uns für die Unterstützung unserer Aktion. (MH)
Aktionstermine: Samstag, 3. Dezember, von 10 bis 15 Uhr im Bioladen „Lebensgarten“; am Sonntag, 4. Dezember, ab 12 Uhr am Patrokli-Dom; am Samstag, 10. Dezember, um 11 Uhr in der „Hörzeit“ in der Petrikirche; am Sonntag, 11. Dezember, ab 11.30 Uhr in Heilig Kreuz und schließlich am Dienstag, 20. Dezember, im Aktionshaus auf dem Weihnachtsmarkt. Petitionen liegen auch im Eine-Welt-Laden im Grandweg aus.
Petitionen zu den von der Soester Gruppe ausgewählten Fällen sind auch online möglich:
Kamerun:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/kamerun-zum-ersten-mal-demonstriert-und-fuenf-jahre-haft?ref=979501
Russland:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/russland-kuenstlerin-wegen-anti-kriegsaktion-haft?ref=979501
Iran:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/iran-folter-und-54-jahre-haft-fuer-demo-teilnahme?ref=979501
Kuba:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/kuba-fuenf-jahre-haft-weil-er-sich-fuer-meinungsfreiheit-einsetzt?ref=979501
Simbabwe:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/simbabwe-oppositionelle-entfuehrt-verpruegelt-und-sexuell-missbraucht?ref=979501
Bangladesch:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/bangladesch-klima-aktivist-drohen-10-jahre-haft?ref=979501
Hongkong:
https://www.amnesty.de/mitmachen/petition/hongkong-10-jahre-gefaengnis-fuer-kerzenandacht?ref=979501
Informationen zum Briefmarathon:
https://www.amnesty.de/schreib-fuer-freiheit-amnesty-briefmarathon-2022