Anlässlich des Tags gegen Rassismus am Samstag, 21. März, erinnert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International daran, dass der Schutz vor Diskriminierung, Hassrede und rassistischer Gewalt eine drängende gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleibt.
“Mit der Corona-Krise drohen wir zu vergessen: Der rassistische Anschlag von Hanau ist erst knapp einen Monat her. Rassismus und Menschenfeindlichkeit bedrohen, verletzen und töten Kinder, Frauen und Männer in Deutschland. Die Angriffe von Hanau oder auch Halle sind schreckliche Gewaltexzesse und gleichzeitig nur die Spitze eines Eisbergs täglicher Diskriminierung und rassistischer Angriffe auf unsere Nachbarn, unsere Kolleg_innen oder uns und unsere Kinder”, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.
Rassistisch motivierte Straftaten haben laut Zahlen des Bundeskriminalamts 2018 (7701 Fälle) im Vergleich zu 2017 (6434) um etwa 19 Prozent zugenommen. Ähnlich sieht es im Bereich antisemitischer Straftaten aus mit 1799 Fällen im Jahr 2018 und 1504 im Jahr 2017 (plus etwa 16 Prozent), knapp 90 Prozent ordnen die Behörden dem rechten Spektrum zu.
“Der Schutz vor Rassismus und Diskriminierung ist ein Menschenrecht und eine Frage der inneren Sicherheit”, so Beeko. “Es war überfällig, dass die Sicherheitsbehörden und der Generalbundesanwalt ihre Bemühungen verstärkt haben. Wie wir diese Woche im Vorgehen gegen sogenannte ‘Reichsbürger’ gesehen haben, ist es weiterhin dringend notwendig, dass der Rechtsstaat angemessen und konsequent organisierte rassistische Strukturen bekämpft.”
Gesamtgesellschaftliche Aufgabe: nicht nur der Staat, sondern wir alle sind gefragt
“Bundespräsident Steinmeier hat diese Woche zu Recht in einem Interview betont, dass der Einsatz gegen Rassismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Solange Menschen in unserem Land Angst haben müssen, beschimpft, bedroht und angegriffen zu werden, weil sie eine Kippa oder ein Kopftuch tragen, wegen der Farbe ihrer Haut oder wegen der Sprache, die sie sprechen, sind wir alle gefordert”, so Beeko. “Es braucht eine Ausweitung und konsequentere Umsetzung des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus. Es braucht langfristige Menschenrechtsbildung für unsere Kinder und Enkel und es braucht von uns allen Achtsamkeit und Zivilcourage im Alltag.”
Bundespräsident Steinmeier hatte in einem Interview bei T-Online Anfang der Woche betont: “Jeder Einzelne muss widersprechen, wenn er rassistische Sprüche am Stammtisch oder im Fußballstadion hört. Denn darauf gibt es nur eine Antwort: ‚Wenn das deine Haltung ist, passt du hier nicht rein‘. Ich weiß, was ich erwarte, ist schwer. Aber es ist notwendig.”
Diskriminierung in Corona-Zeiten entgegentreten
“In Krisen-Zeiten, wie einer Corona-Pandemie, zeigen sich Stärke und Solidarität einer Gesellschaft. Dazu gehört, wie sie für besonders Schutz- und Hilfsbedürftige sorgt, aber auch, wie sie jeder Ausgrenzung und Diskriminierung entgegentritt”, sagt Beeko. Medien hatten berichtet, wie in zahlreichen Fällen beispielsweise Menschen, von denen angenommen wurde, sie kämen aus China, beleidigt, angegriffen und verletzt wurden.
Nährboden für rassistische Einstellungen und Gewalt
Ein in dieser Woche erschienener Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats bescheinigt Deutschland auch für 2019 einen weiter zunehmend rassistischen Diskurs in der Öffentlichkeit. “Wenn Menschen in Medien und gesellschaftlichen Debatten diffamierend dargestellt, abgewertet und ausgegrenzt werden, seien sie nun Menschen jüdischen Glaubens, Muslime oder Flüchtlinge, ist das der Nährboden für rassistische Einstellungen und Gewalt”, erinnert Beeko.
Die Corona-Krise verhindert vieles, was wir sonst gegen Rassismus tun können: Proteste, Veranstaltungen und Workshops finden nicht mehr statt. Doch auch zu Hause und mit Abstand zu anderen können wir die Stimme gegen Rassismus erheben.
1. Teile unsere Motive gegen Rassismus in den sozialen Medien!
Verweise dabei auf amnesty.de/gegen-rassismus und fordere deine Mitmenschen auf, sich mit der Sichtweise Betroffener auseinanderzusetzen! Du bist nicht auf Twitter, Facebook oder Instagram? Dann ist jetzt doch ein guter Moment, damit anzufangen.
2. Hänge unsere Miniplakate in dein Fenster, an den Briefkasten oder hinter die Autoscheibe!
3. Widerspreche rassistischen Sprüchen!
Ob in den sozialen Medien, beim Arzt oder im Supermarkt: Misch Dich ein, wenn Menschen rassistisch beleidigt oder rassistische Vorurteile verbreitet werden. Hier findest Du unsere Handlungsempfehlungen für Zeug_innen rassistischer Beschimpfungen. Dabei natürlich auf ausreichend Abstand achten!
4. Informiere Dich!
Das beste Mittel gegen Rassismus bist Du selbst. Nutze die Zeit zu Hause, um mehr über Rassismus zu lernen, die Perspektive Betroffener zu verstehen und wie du dich richtig einmischst. Mehr dazu hier.